Persönliche Haftung von Vereinsorganen

02.01.2019 | Dr. Rafael Hörmann

Inhalt
  1. I. Haftung der Vereinsorgane gegenüber Dritten (Haftung im Außenverhältnis)
    1. 1. Deliktische Haftung
      1. a) Tatbestände der deliktischen Haftung
      2. b) Fortbestehen der persönlichen Haftung von Vereinsorganen bei Haftung des Vereins
    2. 2. Rechtsgeschäfte Haftung
    3. 3. Spendenhaftung
    4. 4. Steuerrechtliche Haftung
    5. 5. Sozialversicherungsrechtliche Haftung
    6. 6. Insolvenzhaftung
  2. II. Haftung der Vereinsorgane gegenüber dem Verein (Haftung im Innenverhältnis)

- Vorstandsmitglieder und besondere Vertreter -

Der Vorstand eines eingetragenen Vereins ist grundsätzlich für die Geschäftsführung und Vertretung des Vereins im Außenverhältnis gegenüber dem Geschäftsverkehr zuständig gemäß § 26 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Gemäß § 30 BGB kann die Satzung bestimmen, dass neben dem Vorstand für gewisse Geschäfte, beispielsweise die Leitung einer sachlich oder örtliche abgrenzbaren Abteilung, einer Vereinseinrichtung oder eines unterhaltenen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, besondere Vertreter bestellt werden können. Der Vorstand ist gemäß § 64 BGB und der besondere Vertreter gemäß § 64 analog BGB in das Vereinsregister einzutragen.

Da der Vorstand und die besonderen Vertreter umfangreiche Aufgabenbereiche besitzen, sind Fehlverhalten und daraus resultierende Schädigungen des Vereins und Dritter nicht auszuschließen und sollten stets beachtet werden. Der Frage nach der persönlichen Haftung von Vereinsorganen kommt insofern eine erhebliche Bedeutung zu.

Bei der jeweiligen Haftung von Vorstand und besonderen Vertretern handelt es sich nicht um eine Haftung aufgrund rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht, sondern aufgrund organschaftlichen Vertretungsmacht. Vorstand und besondere Vertreter sind organschaftliche Vertreter eines Vereins.

Zu unterscheiden ist zwischen einer Haftung für Schädigungen eines organschaftlichen Vertreters im Außenverhältnis und Innenverhältnis. Die Haftung im Außenverhältnis betrifft den Schadensersatzanspruch eines Dritter gegenüber einem handelnden Vereinsorgan. Daneben können auch Haftungsansprüche gegen den Verein aufgrund des Handelns von Vertretern gegeben sein. Die Haftung im Innenverhältnis betrifft dann den Regressanspruch des Vereins, d.h. der Rückgriff des gegenüber einem geschädigten Dritten zur Leistung verpflichteten Vereins auf das daneben zur Haftung verpflichtete Vorstandsmitglied oder den besonderen Vertreter.

I. Haftung der Vereinsorgane gegenüber Dritten (Haftung im Außenverhältnis)

Gegenüber Dritten im Außenverhältnis haften Vorstandsmitglieder und besondere Vertreter eines Vereins aufgrund bestimmter materieller Haftungsvorschriften unmittelbar und unbeschränkt, d.h. mit ihrem gesamten Privatvermögen. Die Außenhaftung gegenüber Dritten ist grundsätzlich unbegrenzt.

1. Deliktische Haftung

Die deliktische Haftung ergibt sich für Vorstandsmitglieder und besondere Vertreter grundsätzlich aus den §§ 823 ff. BGB. Die persönliche Haftung von Vereinsorganen entfällt nicht, wenn neben den Vereinsorganen auch der Verein für das Fehlverhalten seiner Organe haftet.

a) Tatbestände der deliktischen Haftung

Aufgrund einer deliktischen Handlung kann ein Vorstandsmitglied oder ein besonderer Vertreter gegenüber einem Dritten zum Schadensersatz gem. § 823 Abs. 1 BGB verpflichtet sein.

Unter einer deliktischen Verletzungshandlung eines Vereinsorgans versteht man eine schuldhafte Handlung oder ein entsprechendes Unterlassen, wodurch das Rechtsgut eines Dritten rechtswidrig verletzt wird

Beispiele:

Der Vorstand unterlässt es vorsätzlich, ein defektes Sportgerät entgegen der gebotenen Sorgfalt reparieren zu lassen. Bei der nächsten Nutzung des Geräts verletzt sich ein Vereinsmitglied aufgrund der Beschädigung.

oder

Ein Vorstandsmitglied hat auf einer öffentlich zugänglichen Veranstaltung des Vereins zu viel Alkohol getrunken und beschädigt das Fahrzeug eines Besuchers.

Eine deliktische Haftung mit Schadensersatzpflicht besteht ebenfalls bei Verletzung eines Schutzgesetzes i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB durch ein Vereinsorgan. Schutzgesetze sind Rechtsnormen, die zumindest auch dazu dienen, den Einzelnen gegen die Verletzung eines Rechtsguts zu schützen. Dies sind insbesondere bestimmte strafrechtliche Vorschriften, beispielsweise

  • Körperverletzung (§ 223 Strafgesetzbuch [StGB]),
  • fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) ,
  • Diebstahl (§ 242 StGB),
  • Betrug (§ 263 StGB),
  • Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB) oder
  • Untreue (§ 266 StGB).

Beispiel:

Ein besonderer Vertreter schlägt einem Geschäftspartner des Vereins aufgrund von Unstimmigkeiten bei Vertragsverhandlungen ins Gesicht, worauf dieser einen Nasenbruch erleidet (§ 823 Abs. 2 i.V.m. § 242 Abs. 1 StGB).

Eine deliktische Haftung mit Schadensersatzpflicht besteht darüber hinaus, wenn ein Vereinsorgan einen dritten vorsätzlich und sittenwidrig schädigt gem. § 826 BGB. 

Beispiel:

Die vertretungsberechtigten Vorstandsmitglied eines insolvenzgefährdeten Vereins schließen mit der Bank eine Vereinbarung, dass mit eingehenden Geldern des Vereins nicht Lieferanten oder Gehälter der Mitarbeiter bezahlt werden, sondern diese vorrangig zur Tilgung des laufenden Bankdarlehens und Zahlung des Kontokorrentkredits verwendet werden.

b) Fortbestehen der persönlichen Haftung von Vereinsorganen bei Haftung des Vereins

Im Außenverhältnis haften Verein gem. § 31 BGB und Vereinsorgane gemäß § 823 BGB gegenüber geschädigten Dritten gesamtschuldnerisch gemäß §§ 840 Abs. 1, 421 ff. BGB für Schäden, die ein Vorstandsmitglied oder ein besonderer Vertreter in Ausübung seiner Tätigkeit durch aktives Tun oder Unterlassen schuldhaft verursacht hat. Insofern sind Verein und Vereinsorgan dem geschädigten Dritten zur Leistung von Schadensersatz in jeweils voller Höhe verpflichtet. Dem geschädigten Dritten steht ein Wahlrecht zu, gegenüber welchem Schuldner, Verein oder Vereinsorgan, er seinen Anspruch auf Schadensersatz geltend macht.

Der Verein kann ein Vereinsorgan, welches einen Schaden bei einem Dritten verursacht hat, in Regress nehmen, wenn dem Vorstandsmitglied oder dem besonderen Vertreter ein Verschulden zur Last gelegt werden kann und der Verein vom geschädigten Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wurde. Gleiches gilt, wenn der Verein den Anspruch des geschädigten Dritten auf Schadensersatz bereits gegenüber diesem erfüllt hat und das schadensverursachende Vereinsorgan oder Mitglied des Vereinsorgans dadurch von seiner persönlichen Schuld gegenüber dem Dritten befreit wurde.

Beispiel

Das Vereinsmitglied, welches sich an dem defekten Sportgerät verletzt hat, macht gegenüber dem Verein Schadensersatz gem. § 31 BGB geltend. Der Verein bezahlt die Heilbehandlungskosten und das Schmerzensgeld. Im Anschluss nimmt der Verein das Vorstandsmitglied in Höhe des gezahlten Schadensersatzes in Regress.

2. Rechtsgeschäfte Haftung

Auch im rechtsgeschäftlichen Bereich kann ein Vorstandsmitglied oder eine besonderen Vertreter persönlich haftbar sein. Die Haftung scheidet jedoch zumeist aus, da nur der Verein Vertragspartner des Dritten wird, insofern nicht das handelnde Vereinsorgan selbst. Man spricht bei Verträgen von der sogenannten Wirkung inter partes, d.h. dass Rechte und Pflichten aus dem Vertragsverhältnis nur zwischen den Vertragsparteien gelten.

Anderes gilt, wenn ein organschaftlicher Vereinsvertreter seine Vertretungsmacht überschreitet. Dann wird nicht der Verein Vertragspartner, sondern das Vorstandsmitglied oder der besondere Vertreter persönlich gemäß § 179 Abs. 1 BGB (sogenannter Vertreter ohne Vertretungsmacht). Der Verein ist insofern gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1, § 177 Abs. 1 BGB aus dem Vertrag weder berechtigt noch verpflichtet, kann jedoch den Vertag im Nachhinein genehmigen gemäß § 177 Abs. 1 BGB. Verweigert der Verein die Genehmigung, so ist das handelnde Vereinsorgan als Vertreter ohne Vertretungsmacht nach Wahl des Dritten zur Erfüllung des Vertrages (§ 179 Abs. 1 Alt. 1 BGB) oder zum Schadensersatz (§ 179 Abs. 1 Alt. 2 BGB; positives Interesse) verpflichtet.

Häufig kommt es zu einer solchen Haftung, wenn die Satzung vorgibt, dass die Vorstände nur gemeinschaftlich Verträge abschließen dürfen und entgegen dieser Regelung ein Vorstand alleine einen Vertrag abschließt.

Beispiel:

Gemäß seiner Satzung wird der Verein durch zwei Vorstandsmitglieder gemeinschaftlich vertreten. Der Verein hat die drei Vorstandsmitglieder A, B und C. Vorstandsmitglied B kauft, ohne die weiteren Vorstandsmitglieder einzubeziehen, einen neuen Vereinsbus für 80.000,- EUR beim Händler D. Verein A ist nicht Vertragspartner von D geworden, da Vorstandsmitglied B seine Vertretungsmacht überschritten hat. Die Vorstandsmitglieder A und C verweigert die Genehmigung des Kaufvertrags. Vorstandsmitglied B ist dem Händler D nach dessen Wahlrecht gemäß § 179 Abs. 3 BGB zur Vertragserfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet.

Eine Haftung kann auch gegeben sein, wenn ein besonderer Vertreter seinen satzungsgemäßen sachlichen und/oder örtlichen Aufgabenkreis und hierdurch seine Vertretungsmacht überschreitet.

Beispiel:

Gemäß seiner Satzung ist der Aufgabenkreis der besonderen Vertreter eines Vereins sachlich auf die jeweilige unselbstständige Sportabteilung beschränkt. Der besondere Vertreter der Abteilung Fußball bestellt für die Abteilung Basketball Trikots in Wert von 10.000.- EUR beim Händler D. Der Verein ist nicht Vertragspartner von D geworden, da der besondere Vertreter der Abteilung Fußball seine Vertretungsmacht überschritten hat. Der Vorstand des Vereins und der besonderen Vertreter der Abteilung Basketball verweigern die Genehmigung des Kaufvertrags. Der besondere Vertreter der Abteilung Fußball ist dem Händler D nach dessen Wahlrecht gemäß § 179 Abs. 3 BGB zur Vertragserfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet.

3. Spendenhaftung

Vorstandsmitglieder und besondere Vertreter, die zur Ausstellung von Spendenbescheinigungen ermächtigt sind, haften für die nicht erhobene Einkommensteuer aufgrund von

  • fehlerhaften Zuwendungsbestätigungen bezüglich Geldspenden, Sachspenden und Aufwandsspenden gemäß § 10b Abs. 2 Satz 2 Alt.1 Abgabenordnung (AO)
    (sogenannte Ausstellerhaftung)
    oder
  • fehlverwendeten Spendenmitteln (§ 10b Abs. 2 Satz 2 Alt.2 AO)
    (sogenannte Veranlasserhaftung)

mit 30% des Spendenbetrags (§ 10b Abs. 4 Satz 3 EStG).

Veranlasser kann auch der Gesamtvorstand sein, soweit ein vertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied eine Fehlverwendung von Spendenmitteln verantwortet hat und dies den weiteren Mitgliedern des Vorstands im Rahmen der Vereinsgeschäftsführung zur Kenntnis gebracht wurde.

Beispiel:

Über Schenkungen eines Unternehmens an den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Vereins werden vom ermächtigten besonderen Vertreter Zuwendungsbestätigungen ausgestellt (Ausstellerhaftung).

oder

Der ehrenamtliche und satzungsgemäß unentgeltlich tätige Vereinsvorstand beschließt, seinen Mitgliedern Zuwendungsbestätigungen über den eingesetzten Zeitaufwand auszustellen (Ausstellerhaftung).

oder

Das einzelvertretungsberechtigte Vorstandsmitglied A verwendet 10.000,- EUR der erhaltenen Geldspenden um sich ein Motorrad zu kaufen; er bringt dies dem Gesamtvorstand zur Kenntnis, welcher den Kauf billigt. (Veranlasserhaftung)

Eine Haftungsprivilegierung bezüglich der Spendenhaftung für Vorstandsmitglieder und besondere Vertreter liegt nur bei der Fehlverwendung von Spendenmitteln vor gemäß § 10b Abs. 4 Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG), insofern haften diese nur, wenn der Verein nicht zu Haftung herangezogen werden kann. Beispielsweise, wenn der Vereine zahlungsunfähig ist.

Für die Ausstellerhaftung gilt die nachrangige Inanspruchnahme nach dem Verein nicht, das handelnde Vorstandsmitglied oder der besondere Vertreter kann neben dem Verein unmittelbar vom Abgabengläubiger in Anspruch genommen werden. Beide sind Gesamtschuldner gemäß § 44 AO.

Die Regelungen in § 9 Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG), insbesondere bezüglich der Veranlasserhaftung und Ausstellerhaftung für Steuerausfälle entsprechen denen in § 10b Abs. 4 EStG. Zu beachten ist die Abweichung, dass gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 vom Haftungsschuldner mit beträgt 30% des Spendenbetrags für die nicht erhobene Körperschaftsteuer gehaftet wird.

4. Steuerrechtliche Haftung

Der Vereinsvorstand hat als gesetzlicher Vertreter gem. § 26 BGB i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 1 AO dafür Sorge zu tragen, dass die entsprechenden steuerlichen Pflichten erfüllt werden. Zu diesen Pflichten gehören:

  • Erteilung steuerlicher Auskünfte (§ 93 AO)
  • Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten (§§ 140-148. AO)
  • Pflicht zur Abgabe der Körperschaftsteuererklärung, Gewebesteuererklärung und Umsatzsteuererklärung (§ 149 AO):
  • Pflicht zur Steuerzahlung (§ 34 Abs. 1 AO)

Werden die genannten Pflichten nicht erfüllt, haften die Vorstände als gesetzliche Vertreter soweit Steuern infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung nicht oder nicht rechtzeitig gezahlt werden gemäß §§ 69 AO. Die Vorstandsmitglieder haften dem staatlichen Abgabengläubiger neben dem Verein als Gesamtschuldner gem. § 44 AO. Dieser wird durch Haftungsbescheid i.S.d. § 191 AO in Anspruch genommen.

Beispiel:

Die Vorstandsmitglieder vernachlässigen die steuerlichen Aufzeichnungspflichten. Daraufhin entzieht das Finanzamt dem Verein die Gemeinnützigkeit und veranlagt im Schätzwege zur Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer. Neben dem Verein haftet der Vorstand für die Steuernachforderungen mit seinem Privatvermögen.

Zu beachten ist, dass im Rahmen des Steuerschuldverhältnisses nicht nur der Vorstand vorsätzlich handelt, der die Pflicht gekannt und bewusst verletzt hat, sondern auch derjenige, der eine Pflichtverletzung vorausgesehen und diese billigend in Kauf genommen hat.

Der Vereinsvorstand haften auch für die Teilnahme (Anstiftung und Beihilfe) zur Steuerhinterziehung des Vereins gem. §§ 69, 71 AO. Es ergeht ein ein Haftungsbescheid gemäß § 191 AO, wenn die subjektiven und objektiven Voraussetzungen der Teilnahme an der Steuerhinterziehung gegeben sind.

5. Sozialversicherungsrechtliche Haftung

Sind bei einem Verein Arbeitnehmer beschäftigt, sind die Vorstandstandmitglieder dazu verpflichtet Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Geschieht dies zu spät oder gar nicht, haften die Vorstandsmitglieder persönlich gemäß § 823 Abs. 2 i.V.m. § 266a StGB. Die haften jedoch nur, wenn sie die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung mit bedingtem Vorsatz dem jeweiligen Sozialversicherungsträger vorenthalten.

Beispiel:

Der Vorstand benutzt die einbehalten Sozialversicherungsbeiträge der Mitarbeiter eines Kalendermonats bewusst, um ein Bankdarlehen zu tilgen, anstatt diese rechtzeitig bis zum 10. des Folgemonats abzuführen.

6. Insolvenzhaftung

Insbesondere in der Insolvenz, insofern bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Vereins besteht ein erhebliches Haftungsrisiko für die Vorstandsmitglieder. Diese haben in einem solchen Fall gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 BGB rechtzeitig innerhalb von 3 Wochen den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Geschieht dies zu spät oder unterlassen diese die Antragsstellung ganz, so haften die Vorstandsmitglieder, denen ein Verschulden zur Last gelegt werden kann, den Gläubigern des Vereins mit ihrem Privatvermögen gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 BGB für den entstandenen Schaden als Gesamtschuldner (§§ 421 BGB).

Beispiel:

Dem Vorstand ist bewusst, dass der Verein finanziell nicht mehr fähig ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Er ist überzeugt, noch Spendengelder und Mitgliedbeiträge akquirieren zu können. Neue Mittel bleiben aus. Der Vorstand stellt 4 Monate später einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Es ist zwischen Altgläubigern und Neugläubigern zu unterscheiden. Der Schaden der Gläubiger mit Forderungserwerb vor Antragstellung (Altgläubiger) besteht darin, dass sich die insolvenzrechtliche Quote, die sie auf ihre Forderung erhalten, durch die Verschleppung der Insolenz verschlechtert hat. Sie erhalten den haftbaren Vorstandsmitgliedern den Umfang der Verschlechterung als „Quotenschaden“.

Gläubiger mit Forderungserwerb nach Antragstellung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Neugläubiger) können Schadensersatz bis zur Höhe ihres negativen Interesses verlangen. Sie sind so zu stellen, als ob sie mit dem Verein keinen Vertrag abgeschlossen hätten.

Eine Haftung ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger des Vereins im Zeitpunkt seiner Leistungspflichterfüllung Kenntnis vom Insolvenzgrund i.S.d. § 42 BGB hatte.

Beispiel:

Getränkehersteller A (Altgläubiger) liefert dem Verein vertragsgemäß Bier und Wasser im Wert von 5.000,- EUR auf Rechnung ohne Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit. Die Getränke werden auf der nachfolgenden kulturellen Veranstaltung verbracht. Der Vorstand des Vereins stellt verspätet einen Insolvenzantrag. Die quotale Befriedigung beträgt 5 % (250,- EUR) A hat gegenüber dem Vorstand einen Anspruch auf Ersatz seines quotalen Schadens i.H.v. 4.750,- EUR.

Abwandlung:

Getränkehersteller A (Neugläubiger) hat bei Lieferung der Getränke keine Kenntnis von der bereits erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vereins. A hat im Vertrauen auf den Vertrag mit dem Verein ein Kaufangebot des Vereins Y für 5.500,- EUR zurückgewiesen. Getränkehersteller A hat gegenüber dem Vorstand einen Anspruch auf Ersatz in Höhe des überschüssigen potentiellen Erlöses von 500,- EUR.

Eine Haftung der Vorstandsmitglieder scheidet dann aus, wenn der Verein durch einen Steuerberater beraten wurde und ihr Verschulden auf fehlerhafter Beratung beruht.

II. Haftung der Vereinsorgane gegenüber dem Verein (Haftung im Innenverhältnis)

Die persönliche Haftung von Vorstandsmitgliedern oder besonderen Vertretern im Innenverhältnis richtet sich nach den allgemeinen vereinsrechtlichen Vorschriften gemäß § 21 ff BGB. Eine spezielle Vorstandshaftungsvorschrift existiert nicht. Insofern ergibt sich eine Haftung grundsätzlich aus der Verletzung von Pflichten aus dem organschaftlichen Rechtsverhältnis als Grundlage für die Führung der Vereinsgeschäfte durch die gewählten Vorstandsmitglieder oder eines bestellten besonderen Vertreters.

Es gelten Haftungserleichterungen für ehrenamtlich tätige Vorstandsmitglieder und besondere Vertreter gegenüber dem Regressanspruch des Vereins im Innenverhältnis, soweit ihre jeweilige Aufwandsentschädigung nicht 720,- EUR pro Jahr übersteigt gemäß § 31a BGB. Sie haften dem Verein nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Bei lediglich leichter Fahrlässigkeit bleibt der (ehrenamtliche) Vereinsvorstand oder der besondere Vertreter von der persönlichen Haftung verschont.

Vorstandsmitgliedern oder besonderen Vertreter haften dem Verein für schuldhafte und pflichtwidrige Geschäftsführungsmaßnahmen gemäß §§ 280 Abs. 1, 3, 281 bis 283 BGB. Weiter haftet diese dem Verein gegenüber aus Delikt gem. §§ 823 ff. BGB und bei Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten zur ordentlichen Geschäftsführung. Die gebotene Sorgfalt ist typischerweise verletzt, wenn der Verein gem. § 31 BGB für die Tätigkeit von Vorstandsmitgliedern oder besonderen Vertreter zur Haftung herangezogen werden kann.

Die Vorstandsmitglieder und besonderen Vertreter müssen die einschlägigen Gesetzenormen, behördliche oder gerichtliche Anordnungen, die Satzung, vorhandene satzungsnachrangige Vereinsordnungen sowie die einzelnen Anweisungen der Mitgliederversammlung beachten.

Zusätzlich haben Vorstandsmitglieder die Rechtspflichten des Vereins als juristische Person zu erfüllen, insbesondre die Erfüllung von Vertragspflichten sowie steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Pflichten.

Bei unentgeltlicher Geschäftsbesorgung haften die Vorstandsmitgliedern oder besonderen Vertreter gemäß § 671 Abs. 2 Satz 2 BGB analog, bei einer entgeltlichen Geschäftsbesorgung auf Basis eines Dienstvertrags gemäß § 621, 626, 627 BGB analog.

Autor
Dr. Rafael Hörmann
Rechtsanwalt
CHP Rechtsanwalt & Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB, München
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