Reform des Gemeinnützigkeitsrechts durch JStG 2020 geplant

23.11.2020 | Josef Renner

Mit Beschluss vom 9. Oktober 2020 hat der Bundesrat zum Entwurf der Bundesregierung bezüglich des Jahressteuergesetzes 2020 Stellung genommen. Die Bundesregierung hat am 21.10.2020 vielen Anpassungen zugestimmt und wird bestimmte Anpassungen noch prüfen.

Für gemeinnützige Organisationen stehen unter anderem folgende Änderungen ab 2021 im Raum, welche die Bunderegierung noch prüfen wird:

  • Aufgrund von sog. Ehrenamtskarten gewährte Sachbezüge, die Kommunen zur Unterstützung und Anerkennung ehrenamtlichen Engagements gewähren, sollen von der Einkommenssteuer freigestellt werden

  • Der vereinfachte Spendennachweis durch Bankbeleg soll in der Einkommensteuererklärung statt bisher bis zu 200 Euro nun bis zu 300 Euro möglich sein
     
    • Hinweis: Bis 200 Euro genügt aktuell der Überweisungsbeleg als Spendennachweis; ab 200,01 Euro hat der Spender einen Anspruch auf die Ausstellung einer Zuwendungsbescheinigung nach amtlichem Muster
  • Anhebung des Freibetrages in der Körperschaftssteuer von 5.000 Euro auf 7.500 Euro

  • Durch Neufassung des § § 58 Nr. 1 AO sollen die Wege der Mittelweitergabe sog. Förderkörperschaften (§ 58 Nr. 1 AO) sowie die Mittelweitergabe (§ 58 Nr. 2 AO) vereinheitlicht werden
  • Das Bescheinigungsverfahren für die Umsatzsteuerbefreiung der Leistungen privater Bildungseinrichtungen soll abgeschafft werden. Künftig sollen die Finanzämter das Vorliegen der Voraussetzungen prüfen

Für gemeinnützige Organisationen stehen unter anderem folgende Änderungen ab 2021 im Raum, denen die Bunderegierung zugestimmt hat:

  • Anhebung der sog. Übungsleiterpauschale (§ 3 Nr. 26 EStG) von 2.400 Euro auf 3.000 Euro statt 2.400 Euro und des sog. Ehrenamtspauschale (§ 3 Nr. 26a EStG) von 720 Euro auf 840 Euro

Hinweis: Die letzte Erhöhung erfolgte zum 01.01.2013

  • Neukonzeption des Ausstiegs aus der Gemeinnützigkeit: Statt der nachträglichen Änderung der letzten zehn Veranlagungszeiträume soll eine Besteuerung im Ausstiegszeitpunkt vorgenommen werden. Als Ausstiegszeitpunkt wird der Beginn des Veranlagungszeitraums festgelegt, in dem der Ausstieg aus der Gemeinnützigkeit erfolgt; die Steuerbegünstigung soll folglich bis zum Ausstiegszeitpunkt aufrechterhalten werden. Die Besteuerung soll in Höhe von 30 % der gemeinen Werte des Vermögens erfolgen. Betreffend bisherigen Betriebsvermögens soll eine Buchwertfortführung möglich sein
  • Umsatzsteuerbefreiung für die Beherbergung und Beköstigung in Zusammenhang mit Aus- und Fortbildungen

Hinweis: Die Umsatzsteuerbefreiung für u.a. gemeinnützige Bildungsleistungen in
§ 4 Nr. 22 UStG soll in den nächsten Jahren überarbeitet werden. Angedacht ist die Begrenzung der Umsatzsteuerbefreiung auf Leistungen der Aus- und Fortbildung ohne die Bildung zu Freizeitzwecken

  • Das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung soll nur für Körperschaften mit jährlichen Einnahmen von über 45.000 Euro Anwendung finden

Hinweis: Esbedarf einer genauen Festlegung, was bei ein- und mehrmaligem Überschreiten und Unterschreiten der Grenze gelten soll

  • § 57 Abs. 3 AO: Ein planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren steuerbegünstigten Körperschaft soll eine unmittelbare Zweckverwirklichung darstellen. So soll beispielsweise die Ausgliederung des Zweckbetriebs „Krankenhauswäscherei“ auf eine GmbH dazu führen, dass die GmbH eine Anerkennung als gemeinnützige GmbH „gGmbH“ erhält

Hinweis: Sollte bei Ihnen eine steuerpflichtige Tochter-GmbH vorliegen, die nach neuer Rechtslage sodann eine unmittelbare Tätigkeit als Zweckbetrieb ausüben könnte ab 2021, so ist noch vor Ende 2020 folgendes notwendig:

  • Die Satzung der GmbH ist zu ändern, sodass diese den Vorschriften der Gemeinnützigkeit entspricht (§§ 51, 59 ff. AO sowie Mustersatzung (Anlage 1 zu § 60 AO))

  • Eine Abstimmung mit der Finanzverwaltung ist zu führen, um eine Freigabe für die Satzung der GmbH zu erhalten

  • Die abgestimmte Satzung zum Handelsregister eintragen lassen und die eingetragene Satzung an die Finanzverwaltung senden sowie sodann einen Feststellungsbescheid gem. § 60a AO für die GmbH erhalten.
  • § 57 Abs. 4 AO: Nach der vorgeschlagenen Neuregelung stellt das Halten und Verwalten von Anteilen an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften einen Fall der unmittelbaren Zweckverwirklichung dar (= gemeinnützige Holdinggesellschaft)

Soweit die Holdinggesellschaft entgeltliche Leistungen gegenüber den Kapitalgesellschaften ausführt, an denen sie beteiligt ist, beurteilen sich diese nach den allgemeinen Regelungen

Aktuelle Lage: Hält eine Körperschaft ausschließlich Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften (z. B. nach Ausgliederung aller operativen Tätigkeiten auf Beteiligungsgesellschaften), ist diese Tätigkeit nach geltendem Recht bis 2020 nicht steuerbegünstigt, wenn die Körperschaft ausschließlich typische Aufgaben einer Holdinggesellschaft wahrnimmt

  • Möglichkeit der Ablehnung oder Aufhebung einer Feststellung nach § 60a AO bei nichtsatzungsgemäßer Geschäftsführung

  • Anhebung der Freigrenze des Umsatzes für steuerbare wirtschaftliche Geschäftsbetriebe auf Einnahmen von 35.000 Euro auf 45.000 Euro

Hinweis: Eine Erhöhung hat zuletzt zum 01.01.2007 stattgefunden

  • Einführung eines Zweckbetriebes für Einrichtungen zur Unterbringung, Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Bürgerkriegsflüchtlingen oder Asylbewerbern, wenn sie die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 AO erfüllen

Fazit: Das Jahressteuergesetz 2020 bringt uns diesmal für das Kalenderjahr 2021 eine vollumfängliche Reform des Gemeinnützigkeitsrechts, soweit auf politischer Ebene eine Einigung erzielt wurde. Genaue Details werden ca. ab dem 18.12.2020 vorliegen, nachdem der Bundestag über das Jahressteuergesetz 2020 voraussichtlich 

  • Mitte Dezember 2020 einen Beschluss gefasst und der Bundesrat sodann die Zustimmung erteilt hat

Autor
Josef Renner
Steuranwalt
CHP Rechtsanwalt & Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB, München
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